Sprachlich und wirtschafts-wissenschaftlich

Als Jugendbotschafterin in Japan

Japan. Dieses Wort verspricht ausgeflippte Popkulturen und uralte Traditionen. Unglaublich viele Menschen, die doch ein Ganzes bilden. Verrückte Ideen, das obligatorische Peace-Zeichen auf jedem der unzähligen Selfies und ganz viel Reis. All dies und noch viel mehr ist Japan – und all dies und noch viel mehr sollte ich in meinen zwei Wochen in diesem Land der aufgehenden Sonne erleben und kennenlernen.

Im Juli hatte ich mich bei dem Programm „Jugendbotschafter nach Japan“ beworben, dass von der Organisation Youth for Understanding (YFU) und dem Auswärtigen Amt angeboten und finanziert wird. Drei Monate später stieg ich dann gemeinsam mit 14 anderen Jugendlichen aus ganz Deutschland in ein Flugzeug nach Tokio, Japan. Dort verbrachten wir die nächsten sieben Tage mit unzähligen Vorträgen, Gesprächen und Begegnungen zu den Themen Kultur, Politik und internationale Beziehungen in Japan. Anschließend fuhren wir in die nördliche Küstenregion Ishinomaki, die bei dem Tsunami 2011, der auch den Reaktorunfall in Fukushima ausgelöst hatte, besonders schwer getroffen wurde. Es war sehr beklemmend zu sehen, welch große Kraft die Natur doch hat und welch großen Schaden sie anrichten kann. Dem ist man sich in Japan vielmehr bewusst als hier bei uns in Deutschland, wo wir derartige Naturkatastrophen nur aus den Medien kennen.

Die letzten fünf Tage verbrachte ich in einer Gastfamilie. Dort ging ich auch drei Tage zur Schule, ein einmaliges Erlebnis! Das Leben in der Familie und mein Schulalltag waren doch sehr anders als Zuhause, so wie überhaupt alles in Japan anders ist. Man trägt in jedem Gebäude Hausschuhe, auch in der Schule, und die Toiletten haben eine Fernbedienung bei der man zwischen Soundgeräuschen und „Duschen“ auswählen kann.

Es sind jedoch die vielen Begegnungen, die unsere Reise so einzigartig machten. Egal, wo wir hinkamen: die Menschen waren stets sehr gastfreundlich und unglaublich positiv gegenüber Deutschland eingestellt. Wir erlebten unzählige Momente, in denen Japaner uns mit kleinen Gesten willkommen hießen und uns damit zutiefst rührten. Ob die Frau auf der Straße in Tokio, die unserem Bus hinterherlief, uns winkte und vor lauter Freude in die Höhe sprang, oder die Köchin, die stundenlang ein eigens für uns zusammengestelltes Menü kreierte, um uns in nur einem Mittagessen alle Spezialitäten der Region zu zeigen, – sie alle sind Japan für mich und zaubern mir noch heute ein Lächeln aufs Gesicht.

Am Ende der Reise hatten wir alle uns verändert, neue Freunde gefunden und ein bisher fremdes Land entdeckt. Ich persönlich stellte vor allem eines fest: Die Sicht, wie wir die Dinge sehen, ist nur eine von vielen. Die japanische Sicht der Dinge ist dabei nicht komisch oder schlechter, sondern einfach nur anders. Wenn man sich auf dieses „anders“ einlässt, eröffnen sich einem bisher unbekannte Blickwinkel, und man lernt den Begriff „normal“ ganz neu zu definieren. Denn, was ist schon normal?

Wenn ich heute auf die Zeit zurückblicke denke ich staunend an all das, was ich dort erleben durfte und an die Menschen, die mit mir ihre Geschichten teilten. Denn Japan hat sein Versprechen gehalten – Popkultur, Tradition, Selfies, ganz viel Reis und so viel mehr-, das alles und so unglaublich viel mehr ist dieses Land auf der anderen Seite der Welt.

Mirjam Dietrich

siehe auch: Mainpost