von Carolin Lehrieder (K12 von 2006)

Da ich die letzten drei Monate des Schuljahres 2005/2006 am Instituto Ballester in Buenos Aires verbracht habe, möchte ich etwas über dortige Gewohnheiten und Erlebnisse berichten.

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Mein Alltag:

Der argentinische Schultag läuft ziemlich vergleichbar mit einem deutschen ab. Unterrichtsbeginn ist um 7.55 Uhr und die Schüler kommen auch aus weit entfernten Teilen der Stadt mit Zug und Bus, da es eines der wenigen deutschen Institutos (Gymnasien) in Buenos Aires ist. Allerdings kam es auch häufig vor, dass der ein oder andere erst um 8.15 Uhr hereinschneite oder einfach gar nicht kam. Also nichts mit deutscher Pünktlichkeit!

Eine Schulstunde dauert 40 Minuten und jeweils nach 2 Stunden ist Pause. Da die Pausen immer unterschiedlich lang sind, wusste nie jemand so richtig, wann der Unterricht eigentlich wieder weitergeht. Vergleichbar mit der Kollegstufe bei uns gibt es hauptsächlich Doppelstunden und jeden Tag (mit Ausnahme von Mittwoch) Nachmittagsunterricht! Dies bedeutete eine große Umstellung für mich, da ich das aus der 11. Klasse nicht gewohnt war.

Hinzu kam, dass ich den ganzen Tag von einer fremden Sprache umgeben war, was wirklich am Anfang anstrengend war!

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Zur Fächerverteilung gibt es folgendes zu sagen: Die Argentinier haben an dieser Schule die Wahl zwischen verschiedenen Zweigen, die auch mit den deutschen übereinstimmen (z.B.: naturwissenschaftlicher, sozialwissenschaftlicher oder wirtschaftswissenschaftlicher Zweig).

Allerdings gibt es eine Besonderheit in dem Kurs, den ich besuchte. Es war Naturales (Naturwissenschaften); jedoch beenden die Schüler ihre Schullaufbahn nicht mit dem argentinischen Abschluss, sondern machen das Bachillerato Internacional (Internationales Abitur), was ihnen u.a. ein Studium in Deutschland ermöglicht.

In allen Zweigen ist es üblich, dass ein Teil der Fächer auf Deutsch unterrichtet wird und es war echt erstaunlich, wie der Lehrer, ein Deutscher, den Schülern Biologie auf Deutsch unterricht; ich fühlte mich ganz wie im Siebold!

Auch hat es mich fasziniert, dass wir im Deutschunterricht Woyzeck gelesen haben, was bei uns eine Lektüre für die 12. Klasse ist. Und das, obwohl das Deutsche für die Argentinier eine Fremdsprache ist!!! Außerdem hatte ich noch europäische Geschichte und Chemie (meistens zumindest) auf Deutsch.

Ganz neue Fächer stellten für mich Psychologie und Handarbeit dar.

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Neben der Schule verbrachte ich viel Zeit mit meiner Familie und Freunden.

Eigentlich machten wir jedes Wochenende einen Ausflug und es war echt wahnsinnig beeindruckend, dass man in dieser riesigen Stadt jedes Wochenende etwas anderes unternehmen kann. Egal, ob es verschiedene Märkte (ferias) waren, auf denen man schöne handgefertigte Arbeiten kaufen oder auch einfach den Tango-Orquestas zuhören konnte.

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Abends ausgehen läuft komplett anders ab als in Deutschland: Die Diskos machen eigentlich erst um 1 oder um 2 Uhr auf; dafür bleibt man auch bis 7 morgens!

Ansonsten sind wir oft ins Kino gegangen, aber es kommt auch sehr häufig vor, dass man sich bei jemandem zu Hause trifft, Pizza oder Empanadas bestellt, Filme schaut oder sich einfach nur unterhält … Es war einfach immer richtig lustig!

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Ein besonderes Erlebnis war auch die Fußball-WM, v.a. das Spiel Deutschland-Argentinien! Entgegen aller Befürchtungen behandelten sie mich auch nach unserem Sieg noch einigermaßen lieb!

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Alles andere übertroffen hat dann allerdings die Reise, die wir in den Ferien gemacht haben. Mit dem Auto sind wir Richtung Nordargentinien, Brasilien und Paraguay gefahren und haben immer in einem kleinen Dorf übernachtet. Was wir Deutsche uns gar nicht vorstellen können, ist, dass das Land so groß und wenig besiedelt ist, dass man 2 Stunden fahren kann, und weit und breit kein Dorf zu sehen ist. Deshalb muss man schon vorher planen, wo man tanken kann!

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Wir verbrachten 4 Tage in einem Naturschutzgebiet (Esteros del Iberá) an einem großen See, wo wir Krokodile, Affen und viele andere ausgefallene Tiere beobachten konnten. Dann ging es weiter Richtung Norden zu den weltbekannten Wasserfällen in Iguazú. Solche Wassermassen habe ich noch nie gesehen! Auch die Jesuiten-Ausgrabungen waren sehr interessant, und das bi-nationale Wasserkraftwerk von Paraguay und Brasilien war auch wahnsinnig groß.

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Die Reise war echt der Hammer und hat mir riesige Lust gemacht, noch mehr in Südamerika zu erkunden!

Der Austausch war echt das Beste, was ich machen konnte, da ich am Ende des Schuljahres gegangen bin und auch nicht viel vom deutschen Unterricht verpasst habe. Es war einfach eine wahnsinnig tolle Erfahrung, ganz alleine in ein fremdes Land zu gehen, die komplett andere Kultur kennen und lieben zu lernen, eine andere Mentalität anzutreffen, eine so wunderschöne Sprache zu lernen.

Es war wirklich die schönste Zeit meines Lebens, die ich dort verbrachte und habe noch immer so viele Freunde dort, dass ich auf jeden Fall zurückkehre!

Fazit: Wenn man diese Möglichkeit zu einem Argentinienaufenthalt hat, sollte man sie UNBEDINGT nutzen!!!!


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